Kündigung wegen Eigenbedarfs

Kündigung wegen Eigenbedarfs

von Charlotte Bodinek
Die konstant steigenden Miet- und Immobilienpreise haben in den vergangenen Monaten zu einer regelrechten Welle an Eigenbedarfskündigungen geführt. Für Vermieter wird es immer lukrativer Altmieter aus den Wohnungen zu bekommen, um die Wohnungen danach gewinnbringend zu verkaufen oder mit einer drastischen Mieterhöhung neu zu vermieten.

Doch der Haken an der Sache: Verhält sich der aktuelle Mieter vertragsgemäß, so bleibt Vermietern im Prinzip nur eine Möglichkeit zur Kündigung, nämlich die Anmeldung von Eigenbedarf. Flattert eine solche Kündigung ins Haus, haben Mieter kaum eine Chance, in der Wohnung zu bleiben.

Viele Gründe für Eigenbedarfskündigung

Die Rechtsprechung geht eindeutig zugunsten der Vermieter. Nur in seltenen Fällen werden Eigenbedarfskündigungen abgelehnt. Für eine rechtsgültige Kündigung reicht es aus, wenn Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen, warum sie Eigenbedarf an der Wohnung haben. Wenngleich die Wohnung nicht Lebensmittelpunkt des Vermieters werden soll, muss der Mieter ausziehen.

Eine Kündigung kann auch ausgesprochen werden, wenn enge Angehörige der Vermieter die Wohnung beziehen wollen. Zu diesem Kreis gehören neben Eltern und Kindern auch Großeltern, Enkel oder getrennt lebende Ehepartner, ebenso kann die Wohnung für Haushaltshilfen oder Pflegepersonal beansprucht werden. Sogar für Nichten, Neffen, Tanten oder Onkel kann Eigenbedarf angemeldet werden, das allerdings nur, wenn zu diesen Personen eine enge Verbundenheit besteht.

Möglichkeiten für Mieter

Tatsächlich also stehen die Chancen für Mieter mehr als schlecht, wenn sie eine Eigenbedarfskündigung bekommen. Trotzdem sollten Betroffene prüfen, ob die vom Vermieter angegebenen Gründe für die Kündigung stichhaltig sind und sich gegebenenfalls vom Mieterbund beraten lassen.

Ein Widerspruch hat nur in seltenen Fällen Aussicht auf Erfolg. Das kann dann der Fall sein, wenn es sich augenscheinlich um einen vorgetäuschten Eigenbedarf handelt oder wenn aufseiten des Mieters ein Härtefall vorliegt. Einen Härtefall kann eine Krankheit, hohes Alter oder Schwangerschaft darstellen, ebenso wie Prüfungszeit oder eine lange Mietzeit.

Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, können die Mieter über diesen Zeitraum weiterhin in der Wohnung bleiben. Da sich ein solches Verfahren über Jahre ziehen kann, sind viele Vermieter oft auch bereit, ihren Mietern eine Abfindung zu zahlen, um den Prozess zu verkürzen.

Eigenbedarf? Nur vorgetäuscht …

Viele Vermieter weichen auf eine Kündigung aufgrund von Eigenbedarf aus, weil sich ein solcher leicht vortäuschen lässt und immer häufiger haben Gerichte sich in den vergangenen Jahren zugunsten der Vermieter entschieden, wenn ein Fall vor Gericht gewandert ist.

Doch das Vortäuschen von Eigenbedarf kann auch gründlich nach hinten losgehen. Denn fliegt die Vortäuschung auf, dürfen die Mieter in die Wohnung zurückkehren. Wenn das nicht möglich ist, muss der Vermieter Schadensersatzleistungen erbringen, die ihn finanziell teuer zu stehen kommen können.

Schadensersatzleistungen, die der Vermieter erbringen muss:
Rechtsberatung des Mieters
Kosten für die Wohnungssuche (Annonce, Makler…)
Doppelbelastung für die Miete der alten und der neuen Wohnung
Umzugskosten
Mehrkosten, die für die neue Wohnung anfallen oder Übernahme der Mietdifferenz über den Zeitraum, bis der Vermieter aus berechtigten Gründen eine Eigenbedarfskündigung hätte aussprechen können. Da das Jahre sein können, gilt bei vielen Gerichten eine Grenze von drei Jahren. In Einzelfällen kann dieser Zeitraum auch viel länger sein. (Eingerechnet werden dürfen in solchen Fällen allerdings Mieterhöhungen für die alte Wohnung.)
Ausgleich für nicht abgewohnte Aufwendungen des Mieters
Kosten für Renovierungen, wenn diese nur aufgrund des Auszugs durchgeführt wurden
Einzugsanstrich in der neuen Wohnung
Möbel/Zubehör für die neue Wohnung, wenn die alten nicht passen
Ummeldung Telefon/Internet

Besondere Aufmerksamkeit schenken Gerichte Eigenbedarfskündigungen, wenn diesen Unstimmigkeiten zwischen Vermieter und Mieter vorausgegangen sind.

Ablehnung der Kündigung

Gerichte können Eigenbedarfskündigungen auch ablehnen, wenn die Gründe der Vermieter nicht plausibel erscheinen. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Bedarf deutlich überhöht ist (Fünfzimmerwohnung für eine 18-Jährige für den Zeitraum eines Praktikums). Auch wenn andere Wohnungen im Haus leer stehen und der Vermieter nicht begründen kann, aus welchem Grund er die eine bestimmte Wohnung beziehen will, ist es wahrscheinlich, dass sich das Gericht zugunsten des Mieters entscheidet. Ebenso wie in einem Fall, bei dem bereits bei Abschluss des Mietvertrags der Eigenbedarf abzusehen war.

Für Vermieter ist auch gut zu wissen, dass Wohnungen in einem Mietshaus nach Umwandlung in Eigentumswohnungen in den ersten drei Jahren nach dem Verkauf nicht gekündigt werden können. In manchen Orten gilt in solchen Fällen sogar eine Sperrfrist von zehn Jahren.

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Charlotte Bodinek